Auszug aus:

Brehms Tierleben von 1882 über die Mauersegler


Abbildung: Gustav Mützel

Diese Seite habe ich meinem Vater zu verdanken, der eine 10-bändige Ausgabe von Brehms Thierleben von 1882 besaß. Mittlerweile habe ich sie geerbt und beim Stöbern entdeckte ich, daß der 'alte' Brehm eine Menge über die Mauersegler gewusst hat. Seine lautmalerischen Beschreibungen lassen den echten Seglerfreund bei der Lektüre zuweilen schmunzeln.

Hier einige Textauszüge:

Der Mauer- oder Thurmsegler (Cypselus apus) ist es, welchen wir vom ersten Mai an bis zum August unter gellendem Geschrei durch die Straßen unserer Städte jagen oder die Spitzen alter Kirchthürme umfliegen sehen. Der Vogel ist weit verbreitet ...

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Über die höheren Fähigkeiten des Mauerseglers ist wenig günstiges zu sagen. Unter den Sinnen steht das große Auge unzweifelhaft obenan; auch das Gehör kann vielleicht noch als entwickelt betrachtet werden; die übrigen Sinne scheinen stumpf zu sein. Das geistige Wesen stellt den Vogel tief. Er ist ein herrschsüchtiger, zänkischer stürmischer und übermüthiger Gesell, welcher streng genommen mit keinem Geschöpfe, nicht einmal mit seinesgleichen, in Frieden lebt und unter Umständen anderen Thieren ohne Grund beschwerlich fällt. Um die Nistplätze zanken sich die Mauersegler unter lautem Geschrei oft tagelang. Aus Eifersucht packen sich zwei Männchen wüthend in der Luft, verkrallen sich fest in einander und wirbeln nun von oben bis zum Boden herab. Ihre Wuth ist aber so groß, daß sie hier häufig noch fortkämpfen und sich mit Händen greifen lassen. Meinem Vater wurden Mauersegler gebracht, welche todt aus der Luft herab gefallen waren. Bei der Untersuchung zeigte sich, daß ihnen während der nebenbuhlerischen Kämpfe die Brust vollständig zerfleischt worden war. ...

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Wir kennen keinen deutschen Vogel, welcher ihn im Fluge überträfe. Dieser kennzeichnet sich durch ebenso viel Kraft und Gewandtheit wie durch geradezu unermüdliche Ausdauer. Der Mauersegler versteht zwar nicht die zierlichen und raschen Schwenkungen der Schwalben nachzuahmen, aber er jagt dafür mit unübertrefflicher Schnelligkeit durch die Luft. Seine schmalen, sichelartigen Flügel werden zeitweilig mit so großer Kraft und Hurtigkeit bewegt, daß man nur ein undeutliches Bild von ihnen gewinnt. Dann aber breitet der Vogel dieselben plötzlich weit aus und schwimmt und schwebt nun ohne jegliche sichtbare Flügelbewegung prächtig dahin. Der Flug ist so wundervoll, daß man alle uns unangenehm erscheinenden Eigenschaften des Seglers darüber vergißt und immer und immer wieder mit Entzücken diesem schnellsten Flieger unseres Vaterlandes nachsieht. ...


Die kompletten Texte - in Frakturschrift - habe ich eingescannt und abgespeichert.
Es sind faszinierende Berichte, die sich auch heute noch lohnen gelesen zu werden.
Es ist erstaunlich, wie genau die Menschen im 19. Jahrhundert beobachtet haben - ganz ohne technische Apparaturen - nur mit dem Feldstecher bewaffnet.

Wer sich an den spannenden Augenzeugenberichten und Beobachtungen von vor 140 Jahren erfreuen möchte, findet sie hier: Mauersegler bei Brehms Thierleben von 1882 (PDF 1.36 MB)

Der Faksimileabdruck über das Kapitel über die Mauersegler in Brehms Tierleben von 1882:

 

Titelseiten

PDF-Dateien: Seite 397 - 403
  Seite 401 (Kampf zwischen Mauersegler und brütendem Star)
Klaus Roggel
März 2008
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