Beiträge und Erfahrungsberichte anderer Seglerfreunde:
Schreiben auch Sie mir Ihre Berichte, von denen Sie denken, daß Sie für Mauerseglerfreunde interessant sein können.
 

E-Mail:                  Mauersegler

06.08.2005
 

Hallo Herr Roggel,

Der Mauersegler - Flugkünstler und Opas Lieblingsvogel
22. Juni 2005

Seit meiner Kindheit, ich war damals vielleicht 8 Jahre alt, hatten wir in dem Haus in dem wir wohnten, an der Rückseite des Hauses ein Nest mit Mauerseglern. Das Haus steht immer noch in Freiburg im Breisgau, in der Egonstraße Nr.28.
Es waren wohl immer die gleichen Mauersegler- Familien.
Das war über dem Klosettfenster. Das Klosett war damals noch richtig altmodisch und man mußte immer eine Treppe tiefer gehen um es zu benutzen.
Das Mauerseglernest befand sich hinter dem Abfallrohr. Es war nur ein schmale Öffnung von ca. 4 cm, wo die rein flitzten. Jahr für Jahr, solange ich dort lebte und auch später, als ich meine Mutter besuchte, es war immer das gleiche Erlebnis. Es war schon immer schön, den Flugkünsten zuzusehen.
In das Nest fliegen sie nur während der Brutzeit, um ihre Jungen fütterten. Sonst sind die immer in der Luft.
Es war damals eine sehr schlechte Zeit für uns alle und wir mußten auch wegen der großen Wohnungsnot ein Zimmer an andere Leute vermieten. So auch an Herrn Schroth. So hieß damals unser Untermieter, so nannte man ihn, weil er bei meine Eltern ein Zimmer gemietet hatte.
Eines Nachmittags rief er ganz aufgeregt nach mir, weil sich ein Mauersegler an einem dünnen Faden erhängt hatte. Ich lief eilig die Treppe herunter um nach dem Mauersegler zu sehen. Da sah ich ihn schon regungslos an dem dünnen Faden um den Hals hängen. Schnell rannte ich nach oben, um Vaters Tapezierschere zu holen, schließlich mußte der Mauersegler ja gerettet werden.
Bis dahin kamen immer wieder Mauersegler mit viel Geschrei angeflogen, um den Faden durchzubeißen, was sie natürlich nicht schaffen konnten - und am Himmel herrschte unter den Mauerseglern helle Aufregung und das aufgeregte Geschrei: Sriiieh! Sriiieh! Sriiieh! war lauter und heftiger als sonst. Das ist auch zu verstehen, weil die doch voller Sorge um ihren Mauerseglerfreund waren.
Herr Schroth war ein guter Helfer, ohne ihn hätte ich es nie geschafft, denn er mußte mich kräftig festhalten, damit ich nicht abstürzen konnte. So abgesichert, konnte ich den Faden durch durchschneiden. Dabei hatte ich auch mächtig Angst, ich könnte herunterfallen.
Als ich den Mauersegler abschnitt, fiel der nach unten - und plötzlich waren alle Mauersegler plötzlich weg. Es war es völlige Stille am Himmel.
Der Mauersegler flog kopfüber und sich in der Luft überschlagend nach unten auf einen aufgeschütteten Sandhaufen. Zum Glück war der erst einige Tage alt und noch weich, so daß der Mauersegler weich auf den Sandhaufen fiel und herunter kollern konnte.
Kein einziger Mauersegler war weit und breit mehr zusehen und kein einziger Ton war mehr zu hören. Es war, als ob alle Mauersegler in ihre Nester zurück flogen, sich verdrückten, weil sie wegen ihrem verunglückten Mauersegler- Freund traurig waren. Ich rannte so schnell ich konnte die Treppen hinab, es waren 62 Stufen, und in den Hof. Da lag er nun, reglos im Sand und ich war den Tränen nahe.
Ich hob ihn vorsichtig auf, untersuchte seine Flügel, um zu sehen ob auch ja keiner gebrochen war.
Aber zum Glück waren beide Flügel gesund und das war auch mein Glück, denn sonst hätte ich den Mauersegler töten müssen, weil er sonst elend verhungert wäre oder er wäre wehrlose eine Beute der herumstreunenden Katzen geworden.
Da lag er leblos nun in meiner Hand und was sollte ich nun tun?
Da kam mir die Idee, dem Mauersegler kräftig in die Nasenlöcher zu blasen. Und siehe da, nach einigen Versuche spürte ich in dem Mauersegler ein leichtes Zittern und Zucken. Das erste Lebenszeichen!
Plötzlich machte er die Augen auf, aber er war noch nicht richtig munter und ließ sofort wieder sein Köpfchen hängen. Der kam erst wieder richtig zu sich, als ich die Treppen wieder hinauf stieg, zum obersten Treppenhausfenster. Das war immerhin im vierten Stock. Ich konnte ihn streicheln und er zitterte wohl vor Angst. Er konnte ja nicht wissen, daß ich es nur gut mit ihm meinte. Aber ich froh, daß in ihn habe wiederbeleben können.
Weil die so lange Flügel haben, können sie, wenn sie einmal auf dem Boden sind, nicht mehr abheben, weil die langen Flügel auf dem Boden aufschlagen und sie deshalb nicht mehr hoch kommen.
Also habe ich den Mauersegler, nachdem er sich einigermaßen erholt hatte in die Luft geworfen.
Oh je! Der fiel ja einige Meter wie ein Stein nach unten und ich dachte schon, daß er es nicht schaffen würde.
Aber plötzlich fing er an zu fliegen und ich hörte sein schrilles und lautes Sriiieh! Sriiieh! Sriiieh und er flog davon.
Und siehe da, plötzlich wie aus heiterem Himmel, war wieder alles voll mit den Mauerseglern und alle schrien wie wild ganz laut: Sriiieh! Sriiieh! Sriiieh, so als ob sie sich freuten, daß ihr Artgenosse wieder unter ihnen mit fliegen konnte. Es war wieder Freude am Himmel.

Seit diesem Tag, das ist nun fast sechzig Jahre her, ist der Mauersegler mein Lieblingsvogel. Jedes Frühjahr warte ich sehnlich auf seine Ankunft. Sie kommen über nacht und eines morgens sind sie plötzlich auf einmal am Himmel. Sriiieh! Sriiieh! Sriiieh!
Dann kann man sie wieder beobachten wie sie fliegen, welche Paare zusammengehören, und später die "Flugschulen", wenn die Alten ihrer Brut das Figuren fliegen lernen, die mit ihren Sriiieh, Sriiieh! Sriiieh Gekreische - wie im Kindergarten - hinter den alten her - und die Figuren nach fliegen.
Vielleicht drei Wochen später ist die Gruppe größer geworden und anstelle von 2-3 Jungvögel fliegen 6-10 in diesem Kindergarten mit, den "Fluglehrern" immer munter und voller Freude hinterher, um das Fliegen im Verband zu trainieren.
Das ist wichtig für den Rückflug nach Afrika und nach Asien. Da müssen sie Tausende von Kilometern fliegen.
Ende Juli sind die schon wieder weg. Und dann ist der Himmel auch für mich wieder leer geworden.
Aber, der nächste Mai kommt bestimmt und mit ihm die vielleicht die selben Mauersegler- Familie wieder.
Da warte ich schon wieder ganz neugierig und sehnsüchtig darauf, bis ich die Mauersegler wieder fliegen sehe und dann fällt mir immer diese Geschichte ein. Sriiieh! Sriiieh! Sriiieh!

(c) Willi A. Brombacher

   Texte und Fotos: Klaus Roggel, Konstanzer Str. 4, 10707 Berlin, © 2004
 Die Fotos wurden mit einer Nikon CoolPix 995 aufgenommen.  Copyright (c) Klaus Roggel
E-Mail Send me a mail please!
  aktualisiert: 20. August 2005      home       zurück      weiter   
Webmaster